Buildner Sustainability Award UnderBridge für Thu Nga Nadine Do

14.08.2024

LIVING UNDER A COMMON ROOF - Reinterpreted tube houses

“The advantage of the project lies in creating diverse housing with outstanding facades that respect vernacular tradition, coupled with a strong community feel. Nice overall design.”
Avi Friedman / Buildner guest jury / Professor at McGill University, United States
 

Diplomarbeit, betreut von Prof. Tina Gregoric und Katharina Urbanek, Forschungsbereich Gebäudelehre und Entwerfen

KONTEXT UND TUBE HOUSE TYPOLOGIE

Vietnams enormes Wirtschaftswachstum hat zu einer massiven Verdichtung der Städte und zunehmend unleistbarem Wohnraum geführt. Um dem entgegenzuwirken, ist es notwendig, bisher ungenutzte städtische Räume zugänglich zu machen. Die Phu-My-Brücke in Ho-Chi-Minh-Stadt, die sich über 750 Meter erstreckt, birgt beträchtlichen ungenutzten Raum unter sich. Diese Ressource wird für das vorgeschlagene Projekt genutzt, das so Brückensituationen weltweit in den Focus rückt. 

Tube Houses, die am weitesten verbreitete Typologie in städtischen Gebieten, können als die
archetypische städtische Wohnform in Vietnam betrachtet werden. Der Name leitet sich von ihrer speziellen Form ab. Traditionelle Tube Houses zeichnen sich durch ihre schmale Breite, außergewöhnliche Länge und eine Abfolge von Höfen und Innenräumen aus. Allerdings sind die für die natürliche Klimatisierung und gemeinschaftliche Aktivitäten so wichtigen Außenräume im Laufe der Zeit zugunsten einer stärkeren Verdichtung verloren gegangen.

Mit Blick auf die angrenzenden Industriegebiete, die viele Arbeitsplätze bieten, zielt der Entwurf darauf ab, die verlorenen Qualitäten dieser Typologie aufzugreifen und eine lokale Nachbarschaft mit leistbarem Wohnraum, Gemeinschaftseinrichtungen und öffentlichen Räumen zu entwickeln.

KONZEPT UND ORGANISATION

Das relativ flache und dennoch verdichtete Projekt legt den Fokus auf Übergangszonen und spiegelt so vietnamesische Wohnkultur wider: Innen- und Außenbereiche, private und geteilte Räume werden miteinander verwoben. Jede Einheit besteht aus zwei Tube Houses, die durch einen "inbetweener" verbunden sind: einen Raum der neben der vertikalen Erschließung auch als Gemeinschaftsbereich dient. Das Erdgeschoss dieser "inbetweener" ist als öffentlicher Raum konzipiert, in dem sich Spielplätze, Geschäfte, Kinderbetreuungseinrichtungen und nutzungsoffene Bereiche befinden, die für die Aneignung durch die Bewohner vorgesehen sind. Eine Analogie zur Straße als Begegnungsraum wird mit einer gemeinsamen Dachterrasse geschaffen, die alle Einheiten miteinander verbindet und eine Laufbahn, Sportbereiche, Grünflächen und Urban Gardening anbietet.

Das Tube House selbst wird in drei Zonen unterteilt. Die vordere Zone beherbergt gemeinschaftlich genutzte Räume wie die Küche und den Wohnbereich, während die hintere Zone, die ein halbes Stockwerk höher liegt, private Schlafbereiche enthält. Ein Zwischenraum zwischen diesen Zonen fungiert als Puffer und bietet eine sekundäre Erschließung sowie interessante Blickverbindungen über Split-Levels.

MATERIALITÄT UND KLIMA

Lehm, ein wichtiges Material in der traditionellen vietnamesischen Architektur, wurde aufgrund seiner hervorragenden Eigenschaften und seiner lokalen Verfügbarkeit im Mekong-Delta ausgewählt, um die Transportwege zu minimieren. Der Stahl für die Leichtbauweise der Zwischenräume wird ebenfalls vor Ort beschafft und kann leicht per Lkw oder Schiff angeliefert werden.

Die Lage unter der Brücke schützt nicht nur die eingesetzten Materialien, sondern hilft auch den Bewohnern, mit den extremen klimatischen Bedingungen umzugehen, die durch große Hitze und starke Regenfälle verursacht werden. Die Installation einer über die gesamte Länge des Gebäudes verlaufenden Servicewand, in der Nebenräume und Einbaumöbel untergebracht sind, ermöglicht eine Querlüftung. Außerdem tragen die Doppelfassade, der Kamineffekt in der Mitte der Tube Houses und der Einsatz von Pflanzen zur natürlichen Kühlung bei.
 

ANPASSBARKEIT, LEISTBARKEIT UND NACHHALTIGKEIT

Da sich Nachhaltigkeit nicht nur auf die ökologische Komponente, sondern auch auf die Funktionalität bezieht, muss ein Gebäude in der Lage sein, dynamisch auf die Bedürfnisse seiner Bewohner zu reagieren. Dieser Entwurf ermöglicht es den Nutzern, ihren privaten Raum je nach ihrer Lebens- und Finanzsituation individuell zu steuern, wobei der Schwerpunkt auf der Reduzierung privater Bereiche zugunsten von Gemeinschaftsräumen liegt.

Der minimale private Bereich ist eine Bettnische, die je nach Bedarf erweitert werden kann. So kann zum Beispiel der hintere Bereich einer Einheit durch Faltwände zu einem privaten Raum für zwei Personen werden und sich sogar auf eine ganze Etage erstrecken. Die sekundäre Erschließung innerhalb des Hauses ermöglicht die Verbindung von Privaträumen auf verschiedenen Ebenen durch Hinzufügen von Gemeinschaftsbereichen und bietet so flexibles Wohnen. Durch die Erweiterung der privaten Räume erhalten die anderen Bewohner eine finanzielle Entlastung als Ausgleich für die verlorenen Gemeinschaftsflächen. Wenn der erweiterte private Raum nicht mehr benötigt wird, fällt er an die Hausgemeinschaft zurück. Der Entwurf wird nicht als fertiger Vorschlag gesehen, sondern als ein sich ständig weiterentwickelnder Prozess.

“This project uses clever space planning methods to achieve a compact layout that feels livable and flexible. The in-betweener zones maintain grade-level porosity and create a rhythm, so the project does not function as an urban barricade. The double-skin facade and utilization of passive environmental control demonstrate a high level of technical resolve and sensitivity to the local climate.”
Blake T. Smith / Buildner guest jury / BIG - Bjarke Ingels Group, United States