Architekturtheorie und Technikphilosophie
Denken ist ein Fest bei dem man sich darin verausgabt, in üppiger Fülle an Aufgetischtem möglichst nichts von allem zu »konsumieren«. – Die Abteilung Architekturtheorie und Technikphilosophie begreift die heutige Aktualität an architektonischem Denken und Können ebenso wie die 2000 Jahre alte Traktat-Tradition als reich gedeckte Tafel. Hier können wir erfahren, dass und wie sich Denken lernen lässt, und uns darin schulen, Haltungen zu den großen Themen der Gegenwart zu artikulieren: »Anthropozän«, Humanismus/Posthumanismus, Klima und Nachhaltigkeit, Verantwortung und Globalisierung, kurz: die Rolle von Architektur im Verhältnis zu Macht, Politik, Ökonomie, Technik, Werte, Kunst, und Wissen zu verstehen.
Die mächtigen Diskurspositionen (von Vitruv bis Koolhaas) werden komparatistisch, d.h. in Hinsicht auf ihren jeweiligen technischen, politischen, ökonomischen, und religiösen Kontext, sowie das jeweilige das state-of-the-art Wissen in Mathematik, Philosophie, und Wissenschaft hin erörtert und gegeneinander ins Profil gesetzt. Es geht in der Ausbildung und in der Lehre der Abteilung darum, Wissen als ein Vermögen im doppelten Sinn zu erachten: als ein »Schatz«, der allgemein ist und der öffentlich zirkuliert, der aber (einzeln wie kollektiv) erschlossen und ermessen werden muss. Der Wert wie auch die Weisen des Umgangs mit Wissen stehen für jede Generation immer wieder neu auf dem Spiel. Sie zu kultivieren bildet die Grundlage von Gesellschaft.
Die wissenschaftliche Qualifikation der Studierenden soll ihnen einen Umgang mit architektonischem Wissen vermitteln, welcher der humanistischen Tradition verbunden ist und dabei immer von den großen Herausforderungen der Gegenwart ausgeht. Ein solcher Umgang bildet sich am Fachwissen im engeren Sinn, aber auch an den Natur- und Kulturwissenschaften im größeren gesellschaftlichen Zusammenhang. Insbesondere gilt es heute, im Übergang der sogenannten Industriegesellschaft zu einer Informations- oder Wissensgesellschaft, ein Bewusstsein und Kennen der medialen Fertigungs-, Ausdrucks- und Kommunikationsformen sowie deren Wirkungszusammenhänge zu entwickeln: Für die Erörterung von existierendem und neuem Wissen, sowie für einen nachhaltigen Umgang damit, ist ein explizites Thematisieren von Technik und ihren Voraussetzungen unverzichtbar. Dabei gilt es, die herkömmlichen Fortschrittslogiken nicht einfach in die Dimension der Zeit zu projizieren, sondern sie in eine Diachronizität aufzulösen und in ihrer Spektralität anzuschauen.
Als Schlüsselthemen für eine architekturtheoretische und technikphilosophische Ausbildung in diesem Sinn gelten uns beispielsweise:
- Zeit und Raum
- Materie und Technik
- Religion und Ethik
- Handwerk und Kunst
- Wissenschaft und Methode
- Regel und Gesetz
- Natur und Humanismus
- Autorschaft und Verantwortung
- Individualität und Identität
Diese Themen architektonisch-kritisch, das heißt in ihren sich stets ändernden und entwickelnden Bedingungen der Möglichkeit sowie Fassung von Notwendigkeit zu erörtern, und in ihren jeweiligen Rollen und Charakterisierungen im offenen Zusammenspiel lesen, schreiben, verstehen und gewichten zu lernen, steht im Zentrum unseres Verständnisses von Lehre und Forschung.
Forschungsbereichsleitung & Professur
E259-04 Architekturtheorie und Technikphilosophie