Hochbau, Konstruktion und Entwerfen
Die Gesamtperformance einer Gesellschaft kann daran gemessen werden, in welchem Maße sie zu einem gerecht verteilten wirtschaftlichen Wohlstand und zu einer lebensgerechten Umwelt fähig ist. Die Gestaltung unseres Lebensraumes darf daher nicht nur kurzfristigen Kapital- und Wirtschaftsinteressen folgen, sondern muss auch und zumindest gleich gewichtet als soziale und kulturelle Aufgabenstellung begriffen werden.
In Wahrnehmung dieser Agenden gerät die Architektin, der Architekt als Generalistin oder Generalist und meist wirtschaftlich schwächstes Glied zunehmend unter Druck.
Im immer hemmungsloser geführten Kampf um Ressourcen verzeichnen im Planungs- und Bauprozess Managementberufe und die Rechtsindustrie hohe Wachstumsraten, die mit dem Anschwellen der Flut von Regeln, Vorschriften und Normen eng korrelieren. Der stetig zunehmende Anteil der Gebäudetechnik an den Baukosten und die zu tätigenden Aufwendungen im Namen der „Sicherheit“, bleiben oftmals ohne erkennbaren Mehrwert für die Nutzer_innen.
Ein Reset ist notwendig, ein neuerlicher Anlauf, es wäre nun der dritte nach den zwanziger und siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, in Richtung Demokratisierung und Ökologisierung von Architektur und Städtebau. Breite Bildung und Ausbildung sind Grundlagen für eine qualifizierte Teilnahme an demokratischen Prozessen. Wir sind in der erfreulichen Lage, eine große Zahl der kommenden Generation mit wesentlichen Fragestellungen in Bezug auf die gebaute und zu bauende Umwelt zu befassen – im Bestreben, sie mit jenem Wissen auszustatten, das sie befähigt, am Prozess fortschreitenden Stadt Werdens aktiv und auf Augenhöhe teilzunehmen. Stets vor dem Hintergrund der Ressourcenfrage ist das Ziel dabei nicht nur die Vermittlung von fachlichen und methodischen Kenntnissen zu Themen des Hochbaus, sondern auch die Sensibilisierung für kultur-, gesellschafts- und sozialpolitische Dimensionen des Architekturschaffens.
Dabei ist es notwendig, Freiräume zu eröffnen für die individuelle Entfaltungsmöglichkeit, für die Entwicklung der Urteilsfähigkeit, für den Mut zum Widerspruch. Der Blick zurück, zu hervorragenden Beispielen in Architektur und Städtebau, gedacht und gebaut in den sechziger und siebziger Jahren in Europa und außerhalb, zeigt uns eine Zeit, in der Innovation und Vielfalt bei hoher Qualität, und das Bauen für die große Zahl kein Widerspruch war. Mit unserem Forschungsprojekt „Evaluierung Meilensteine europäischer und außereuropäischer Nachkriegsmoderne 1958 – 78“ untersuchen wir dieses Phänomen mit dem Ziel, Bewusstsein für das Mögliche zu wecken.
Forschungsbereichsleitung & Professur
E253-05 Hochbau, Konstruktion und Entwerfen