Professor Dr. Friedrich Moser (1926-2023): Ein Nachruf

09.08.2023

Foto Dr. Fabian Dembski

Wir werden ihn als liebenswürdigen Menschen, geistreichen Forscher und engagierten akademischen Lehrer –  für einige Doktorvater –, als stets konstruktiven Dialogpartner und vor allem auch Künstler, für den Zeichnen und Malen – als Methoden, das Wesentliche im Raum zu erkennen – und gleichermaßen das Musizieren – ob im Orchester oder als Hauskonzert in seiner Wiener und Grazer Wohnung – bis ins höchste Alter lebenswichtig waren, in besonderer Erinnerung und Wertschätzung behalten.

Friedrich Moser war Universalist: Architekt, Raumplaner, Stadtgestalter, Maler und Musiker. Er wurde 1926 in Spittal an der Drau in Kärnten geboren. Nach seinem Studium der Architektur an der Technischen Universität Graz promovierte er an der Technischen Universität Wien (beide damals „Technische Hochschulen“). Bis 1974 war er Leiter der Stadtplanungsabteilung in Graz und wurde im selben Jahr an das neu gegründete Institut für Örtliche Raumplanung der TU Wien berufen, an welchem er 22 Jahre wirkte. In dieser Zeit war er Dekan der Fakultät für Architektur und Raumplanung (1981-1985) und – zum 175-jährigen Jubiläum – Rektor der 1815 gegründeten Technischen Universität Wien (1989-1991). Auch als Emeritus war er in der akademischen Lehre aktiv, in bester Erinnerung bleiben die Exkursionen nach Istrien mit dem Fokus „Zeichnen und Malen“, sodann „Raumwahrnehmung und Darstellung“.

Seine Forschungsschwerpunkte umfassten Stadtplanung und Stadtgestaltung, Visualisierung und digitale Methoden zur Veranschaulichung raumbezogener Lösungsansätze für konkrete Probleme im realen Raum. Mit dem Tag seiner Berufung war er Raumplaner. „Örtliche Raumplanung“ war seine „venia docendi“ und gleichzeitig der Gründungsname des vormaligen Institutes für Örtliche Raumplanung („ifoer“ – heute Forschungsbereich Örtliche Raumplanung im Institut für Raumplanung, TU Wien). Auf der gebietskörperschaftlichen Ebene „Gemeinde“ würde alles „Gestalt annehmen“, Gelungenes wie Versäumnisse in Planungsprozessen würden sichtbar und greifbar. Die „Bewusstseinsbildung“ – gemeinsam mit allen am Planungsprozess zu Beteiligenden – sei wesentlich für das Gelingen. Der Dialog mit Bürger*innen und Kolleg*innen sei dabei als Methode unverzichtbar, die Aktivierung des kreativen, konstruktiven und gestalterischen Potenzials der Schlüssel zur Gestaltung der Räume und die Veranschaulichung raumbezogener Vorstellung mit allen analogen und digitalen Methoden bedeutsam.

Seine künstlerische Ausbildung gestaltete er als Autodidakt mit vielfältigen Anregungen durch die Professoren Kurt Weber, Peter Richard Oberhuber und Herbert Boeckl. Er war Mitglied des Steiermärkischen Kunstvereins Werkbund. Die künstlerischen Arbeiten entstanden mittels graphischer Techniken, als Aquarell- und Ölmalerei, und umfassen weiters Entwürfe und die Realisierung von Bleiglasfenstern in Kirchen und Einsegnungshallen in der Steiermark sowie computergraphische Arbeiten. Die umgesetzten Bauwerke sind in den Architekturpublikationen von Friedrich Achleitner (Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert) enthalten. Zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland (Deutschland, Spanien, Albanien, Holland und Ungarn) belegen das bildende künstlerische Schaffen. Die letzte große Wiener Ausstellung fand anlässlich seines 90. Geburtstages statt. Es folgten noch Ausstellungen, sogar während der Covid19-Pandemie, in Graz.

„Ad multos annos“ stand vielfach am Ende akademischer Feiern, nun ist daraus die Sehnsucht nach einem dauerhaften Leben in einer friedlichen und glücklichen Welt geworden.

Lieber Friedrich, Du hast den Raum gestaltet und vor allem die Menschen, die Dich kennenlernen durften, geprägt. Wir werden Dich vermissen und Zeit unseres Lebens nie vergessen.

 

„Mein künstlerischer Weg führt von einer abstrakten Gegenständlichkeit zur reinen Abstraktion.

Bilder entstehen als Wechselwirkung zwischen aktueller Wahrnehmung und dem Vorstellungsbild des mentalen Speichers unseres Gehirns. Sie sind immer interaktiv, immer Ergebnisse eines Dialogs zwischen Innenwelt (Erkenntnis) und Außenwelt (Wirklichkeit).

Im Dialog zwischen Betrachter und Gegenstand werden wesentliche Raumelemente bewusst gemacht, sie treten hervor und werden zu einer neuen Gestalt zusammengeordnet und anschaulich gemacht.

Anschaulichkeit bedeutet aber nicht bloße Abbildung der gegenständlichen Welt, sondern vor allem KULTIVIERUNG DER RÄUMLICHEN WAHRNEHMUNG.

Spuren verdichten sich, Vielfalt wird zu einem Konstrukt des Wesentlichen.“

(Friedrich Moser „GESEHEN“, Österreichischer Kunst und Kulturverlag 2001)

 

Auszeichnungen

Johann Joseph Ritter von Prechtl-Medaille

Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich

Großes Ehrenzeichen des Landes Steiermark

Publikationen (Auswahl)

1988: Wohnbau im Ortsbild: regionsspezifische Verdichtungsformen zwischen Tradition und Transformation, Wien, Picus-Verlag 1988, ISBN 978-3-85452-108-2

1996: Ephesos: Computervisualisierung antiken Wohnens, Wien, Österreichischer Kunst- und Kulturverlag 1996, ISBN 978-3-85437-121-2

2001: Gesehen: Aquarelle – Ölbilder – Computerversionen 1973 bis 2001, Wien, Österreichischer Kunst- und Kulturverlag 2001, ISBN 978-3-85437-172-4

Interview Die erste Geige