Architecture for Health Students' Award – 3. Preis für Lisa Baier
GEBURT FÜR ALLE – Ein Haus für die Geburt in Ottakring
“A harmonious design that blends indoor and outdoor spaces, fostering an open and welcoming environment for mental health care.”
Jury statement
Diplomarbeit, betreut von Prof. Tina Gregoric und Katharina Urbanek, Forschungsbereich Gebäudelehre und Entwerfen
Es ist nicht egal wie wir geboren werden! - Die Geburt stellt den Beginn des Lebens dar. Sie ist somit das erste wichtige Ereignis eines neuen Menschen und natürlich auch dessen Mutter. Wie und wo wir auf die Welt kommen, beeinflusst unser späteres Leben physisch und psychisch, positiv oder negativ. Diese Arbeit untersucht, wie der architektonische Raum die Geburt prägt. Geburtsräume sind heute vergessene Räume. Da die meisten Kinder heute im Krankenhaus geboren werden, sind die Räume dafür fast immer auch dort integriert. Eine architektonische Auseinandersetzung gibt es bei der Gestaltung von Geburtsräumen bisher nicht.
Der praktische Teil der Arbeit zeigt einen Entwurf für ein Geburtshaus am Brunnenmarkt in Wien Ottakring. Der Ort ist geprägt von kultureller Vielfalt. Es war wichtig, einen Ort zu schaffen, an dem Gemeinschaft gelebt wird, Aufklärung stattfindet und die Frauen selbstbestimmt und geschützt ihre Kinder zur Welt bringen können, egal aus welchen Milieus sie kommen. Die natürliche Geburt rückt in den Fokus und bietet eine Alternative für Frauen, die nicht im Krankenhaus gebären wollen. An diesem Standort rückt die Geburt wieder in die Mitte unserer Gesellschaft und bekommt die Aufmerksamkeit, die sie verdient.
KONZEPT
Im Zentrum des Entwurfs steht der Geburtsraum, der als Prototyp auf spezifische Anforderungen hinsichtlich Raumqualität, Intimität und Funktionalität reagiert. Der Raum verfügt über ein Oberlicht zur indirekten, diffusen Beleuchtung und einen direkten Zugang zu einem geschützten Garten. Er definiert die Hierarchie und das Raster des gesamten Gebäudes.
Der Standort liegt an einem stark frequentierten Straßenmarkt im 16. Wiener Bezirk. Eine bauliche Zwischenzone entlang der Marktseite schafft eine doppelte Hülle, die Privatsphäre gewährleistet und gleichzeitig punktuelle Öffnungen zur Umgebung ermöglicht. Das Gebäude öffnet sich bewusst zum ruhigeren Innenhof, während es sich zur Straße hin abschirmt. Öffentlich zugängliche Bereiche wie Café, Bibliothek und Gemeinschaftsräume vermitteln zwischen Innen und Außen.
Im Inneren folgt die Anordnung der Räume und Nutzungen einer klaren Hierarchie von öffentlich zu privat. Erdgeschoss und erstes Obergeschoss beherbergen Begegnungs-, Kurs- und Beratungsräume. In den oberen Ebenen befinden sich Familienzimmer sowie die Geburtshilfe. Vertikale Lufträume strukturieren das Gebäude und schaffen visuelle Verbindungen zwischen den Geschossen.
Das Gebäude nutzt räumliche Schwellen, die durch Höhenversprünge, Lichtführung und Materialität definiert werden – Die Elemente Wasser, Garten und Bett sind durch gestalterische Übergänge erreichbar.
MATERIALITÄT
Die Tragstruktur besteht aus einem Stahlbetonskelett kombiniert mit vorgefertigten Stampflehmelementen. Die Straßenfassade ist durch ein perforiertes Lehmziegelgitter geprägt, das auf Lichtführung, Luftzirkulation und visuelle Durchlässigkeit reagiert. Verschiedene Öffnungstypen ermöglichen eine Abstufung zwischen Transparenz und Geschlossenheit sowie zwischen öffentlichem und privatem Raum. Der Baukörper folgt einer klaren Struktur und reagiert mit seiner Materialität und Organisation auf die Anforderungen des städtischen Umfelds sowie auf die Notwendigkeit geschützter, innenorientierter Räume.
"The design makes a very convincing contribution to the question: How should spaces for birth and pre- and post-natal care be designed? The result is a project that is also appealing from an urban planning perspective and skillfully strikes a balance between opening up to the city and creating a protected space. The spatial programme is convincingly implemented in the stringent building structure, so that a good graduation of more public areas to more private areas is created from bottom to top. Architecturally, constructively and creatively, the design is very well elaborated and attractively presented, right down to the elaboration of individual room situations.“
Jury statement