Healthcare Environment Award 2023 für Helen Herget und Anna Kubiak

10.01.2024

Aging in Community

Bedingt durch den demographischen Wandel und der damit einhergehenden stetig steigenden Zahl der Demenzerkrankungen wird die Krankheit in Zukunft eine zunehmend wichtige Rolle in unserer Gesellschaft spielen. 

Das Projekt "Aging in Community" orientiert sich an den Bedürfnissen von Menschen mit Demenz unter der Berücksichtigung ihrer Symptome. Um der zukünftig steigenden Zahl von Demenzerkrankten und der zugleich abnehmenden Verfügbarkeit von Pflegepersonal gerecht zu werden, zielt der Entwurf darauf ab, ein neues Pflegesystem inklusive neuer Wohnmöglichkeiten zu entwickeln. Der Leitgedanke besteht darin, die betroffenen Menschen dabei zu unterstützen, möglichst lange in ihrer vertrauten Wohnumgebung zu leben und ihnen anschließend eine unterstützte Gemeinschaft im vertrauten Umfeld anzubieten. Das Quartier besteht aus gemischt genutzten Strukturen, innerhalb derer die Bewohner:innen in gemeinschaftlich altern können.

Der gewählte Standort bietet eine optimale Anbindung an medizinische Versorgungseinrichtungen.  Für die Angehörigen ist entweder durch die attraktive Nachbarschaft das Wohnen in der Nähe der erkrankten Familienmitglieder möglich oder durch die optimale Anbindung an das Verkehrsnetz eine gute Erreichbarkeit gegeben. Um den Gebäudekomplex vielfältig nutzbar zu machen, wurden neben den ebenerdigen Pflegeeinrichtungen auch öffentliche Nutzungen in die Erdgeschosszone integriert.
In weiterer Folge kann das Pflegesystem in die Wohneinheiten der Obergeschosse ausgebaut werden, damit einfach auf zukünftigen Bedarf reagiert werden kann. Menschen mit leichten Symptomen können durch die Nähe zur Pflegeumgebung von der Demenzinfrastruktur profitieren. Pflegebedürftigere Menschen mit fortgeschrittenen Symptomen leben in den Demenz-Wohneinheiten, in denen das Wohnen in Gemeinschaft im Vordergrund steht.

Das Projekt wurde parallel zu der Seminararbeit “Architektur als Mittel zur Förderung sozialer Interaktion bei Demenzerkrankten”, die von Assistant Prof. Maja Kevdzija im Rahmen des Wahlseminars Gebäudelehre - Healthcare Architecture Research betreut wurde, entwickelt. Dabei wurde die Bedeutung sozialer Interaktionen im Leben von Menschen mit Demenz und der Einfluss von Architektur auf das Sozialverhalten der Bewohner:innen untersucht. Die Arbeit umfasste eine Literaturrecherche zum Thema Demenz, deren Symptome, Krankheitsverlauf und räumlichen Anforderungen von Pflegeeinrichtungen.
 
Am einflussreichsten für das Projekt waren jedoch drei Besuche in Wohneinrichtungen für Menschen mit Demenz und fünf Interviews mit Beteiligten. Diese lieferten die wichtigsten Impulse für das Konzept. Die Erfahrungen der Beteiligten zeigten, wie Menschen mit Demenz ihren Lebensraum wahrnehmen und welche Herausforderungen die Bewohner:innen und ihre Pflegepartner:innen täglich bewältigen müssen. Dabei waren die wichtigsten Erkenntnisse, dass soziale Beziehungen dazu beitragen einer Demenzerkrankung vorzubeugen und die Lebensqualität von Menschen mit Demenz zu verbessern.

Der architektonische Ansatz berücksichtigt das Bedürfnis nach Gemeinschaft, Naturnähe und Autonomie. In den Wohneinheiten entstehen kleine Einheiten mit gemeinschaftlich nutzbaren Räumen. Die Bewohner:innen können zwischen Einzel- und Mehrbettzimmern wählen, die entweder zum Gemeinschaftsbereich für mehr soziale Interaktion oder zum begrünten Innenhof ausgerichtet sind. Wenn die Bewohner:innen mehr soziale Interaktion wünschen, können sie sich mit der gesamten Nachbarschaft vernetzen.  Die überdachten Grünflächen bieten das ganze Jahr über ein gemeinsames sinnliches Naturerlebnis.

Ein weiterer wesentlicher Teil des Konzepts ist es, dem Bedürfnis der Bewohner:innen nach Bewegung entgegenzukommen. Architektonisch wird dies durch eine verglaste Verbindung zu den Gemeinschaftsbereichen umgesetzt. Dies ermöglicht den Bewohner:innen einen geschützten Kontakt zur Natur und zum Gemeinschaftsleben, das durch die gemischte Nutzung der Erdgeschosszone entsteht.

Zusammenfassend schafft das Projekt eine demenzfreundliche Umgebung im Stadtraum, die schrittweise auf die individuellen Bedürfnisse und die fortschreitenden Demenzstadien der Bewohner:innen reagieren kann. 

“Brilliant, beautiful, thoughtful, and well-informed by research were just a few of the accolades jurors bestowed on this entry.” -  Auszug aus der Jurybegründung für den ersten Preis des Student Healthcare Environment Award 2023.

Aging in Community (pdf)